Der Taurus zeigt uns die kalte Schulter, aber im zweiten Anlauf haben wir es geschafft...
Als wir in Nigde Richtung Taurus aufbrechen, schneit es heftig und ein bitterkalter Wind weht. Nach eineinhalb Stunden sind wir durchgefroren und beschliessen, mit dem Minibus nach Nigde zurück zu kehren und zu pausieren. Als wir dann am naechsten Tag erneut starten, haben wir einen sonnigen, kalten Wintertag, aber klare Sicht auf die spektakulaere Tauruskette. Zeitweise haben wir die Strasse fast für uns allein und geniessen den Weg. Einen Tag lang müssen wir uns die Strasse Richtung Pozanti dann aber mit dem gesamten Schwerlastverkehr zwischen Ankara und Adana teilen. Welch ein Glück, dass die Berge und Felsformationen gerade an dieser viel befahrenen Strasse uns immer wieder für den Verkehr entschaedigen. Die Passhöhen fordern Kondition und Knie - aber die Fernsicht laesst die Strapazen in den Hintergrund treten. Dazu kommen immer wieder überraschende Einladungen wie die zum warmen Ofen (extra für uns Holz gesucht und angeheizt) und zum Essen in einer Lokanta (Schnellrestaurant) oder zum Übernachten beim Bürgermeister von Gülek - einem kleinen Dorf im Taurus. Oder einfach immer wieder zum Cay, zum Tee, den wir in diesen kalten Tagen nicht missen wollten.
Dann ist der letzte Pass von 1400m geschafft - und ab jetzt geht es nur noch bergab. Die hohen Berge weichen Hügeln, das Land wird zum Teil grün und bis wir Tarsus auf 60m Meereshöhe erreicht haben, haben sich Temperatur und Vegetation völlig geaendert: grosse Kakteen, Oliven-, Mandel-, Pfirsichhaine, dazu Orangen- und Zitronenbaeume, Palmen und viele blühende Blumen wie Geranien, Ringelblumen und Mohn. Es ist Sommer geworden. Auch die Leute haben zum Teil schon viel dunklere Haut und Maenner und Frauen sind ganz haeufig in den traditionellen Pluderhosen zu sehen. Immer mehr Humus (Kichererbsen)-Salonu statt der Kebap- und Döner-Lokantas fallen uns auf und zeigen, dass Syrien und Israel schon erheblich naeher gerueckt sind.
Hier in Tarsus gehen wir vor allem den Spuren des Hl. Paulus ("Senpol" - Sankt Paul - heisst er auf Türkisch) nach. Die Strassen und Haeuser im alten Viertel von Tarsus geben einen guten Hintergrund für die biblischen Pauluszeugnisse ab. Beeindruckend ist die Begegnung mit Sr. Agnese und Sr. Maria, die das "Paulusmuseum" (die Pauluskirche) betreuen. Dass wir mit einer italienischen Gruppe, die gerade dort ist, Eucharistie mitfeiern können (erstmals seit unserem Start in Istanbul), staerkt uns für unseren Weg - war doch Paulus auch einer, der viel unterwegs war.
Über den Berg - was seine Gesundheit betrifft - ist auch P. Markus Franz SJ aus Dresden. Er wird am Donnerstag abend in Adana am Flughafen zu uns stossen und bis Jerusalem mitpilgern . Bis Gründonnerstag abend wollen wir Iskenderun erreichen, wo wir bei Bischof Luigi Padovese, der auch in Würzburg studiert hat, die Kar- und Ostertage mitfeiern.
Veröffentlicht: 22.03.2010 Brigitte und Wolfgang