Türkei (ab Istanbul)

Die "Helloowerdujukamfrom-wotzjurneim"-Bande

Pilgersmann und Pilgersfrau sind mit ihrem Outdoor-Outfit, den Rucksaecken und Stöcken natürlich keine unauffaellige Erscheinung, so dass "Überfaelle" wie diese nicht ausbleiben.

Viertel nach drei Uhr nachmittags. Der Muezzin ruft. Wir laufen durch ein grosses Dorf, ein Staedtchen oder eine Stadt und unsere Anspannung steigt: Hinter uns erst eine, dann zwei, dann drei bis fünf Personen, die uns folgen und naeher kommen. Diesmal ganz in grüner Uniform mit weissen Blusen. Nein, nicht die Jandarma. Schuluniformen! Tuscheln, Gekicher, ein erstes zaghaftes, dann ein schon etwas mutigeres "hello", dem wir erst einmal keine Beachtung schenken. Dann wird die Mutigste vorgeschickt an unsere Seite: "Hello, where do you come from?" Wolfgang wendet sich zur Seite und antwortet: "From Germany" . Wieder Getuschel, Gelaechter - die weiteren Maedels im Teenageralter schieben sich an unsere Seite. "What's your name?" ist mit 100%er Sicherheit die naechste Frage. "Wolfgang - Brigitte. And your names?" Nacheinander nennen alle ihren Namen und wir versuchen, sie richtig zu wiederholen. Dann wieder Schweigen, beratschlagen, was man noch fragen könnte und wer sich traut. Doch der Englisch-Wortschatz gibt wohl nicht mehr viel her. Mit einem "Nice to meet you. Bye bye" und Gelaechter gehen sie weiter. Wir verstehen manchmal noch: gezinmek = wandern - und lautes Lachen darüber, dann ist der "Überfall" vorbei. Zumindest solange, bis an der naechsten Schule die blaubehosten Jungs auf uns aufmerksam werden und es von vorne los geht: "Hello...".

Gestern beim Zieleinlauf in Aksehir gab sogar eine verschaerfte Form dieses "Spiessrutenlaufs" (wie Wolfgang diese Begegnungen mit einem Augenzwinkern nennt): Die Maedchen schaffen es, bestimmt einen Kilometer an unserer Seite zu bleiben, denn nach gegenseitiger Nachhilfe gibt es noch die Fragen: " Are you married?" und "What's your job?" Als wir antworten: "Teacher" (wie soll man auch erklaeren, was wir machen) sind sie davon so verunsichert, dass sie sich verabschieden. Wir selber landen auf der Suche nach dem Touristbüro in der Lokalredaktion der örtlichen Zeitung. Durch die Glasscheibe sehen wir Horden von Schülern vorbeilaufen und neugierig zu uns herein schauen. Für heute sind wir in Sicherheit   ;-)

PS: Ich denke oft darüber nach, wie einfach und selbstverstaendlich es für die kommende Generation  von Frauen in der Türkei ist, ohne Scheu auf Fremde, auch Wolfgang zuzugehen, waehrend ihre Mütter oft nur verschaemt beiseite schauen, wenn sie uns sehen,  und die Maenner für die Kontaktaufnahme zustaendig sind. Vieles an Tradition ist da im Wandel, vielleicht noch staerker als bei uns.

Veröffentlicht: 05.03.2010          Brigitte

 

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