Viele Dutzend Male haben wir das in der ersten Pilgerwoche schon hören dürfen und uns auch ganz oft willkommen gefühlt.
War mir auf der ersten Etappe vieles in der Türkei noch fremd und anstrengend, so empfinde ich es jetzt schon viel vertrauter. Auch die sich taeglich (teils mehrfach) wiederholende Situation, in einer Çaihane (Maenner-Teestube) Rast zu machen. Besonders in den kleinen Dörfern im Bergland, wo so gut wie nie Fremde hinkommen (geschweige denn Pilger), ist das immer ein besonderes und spannendes Erlebnis.
Vorgestern etwa: Wir kommen in ein Dorf, das nur aus ein paar Haeusern zu bestehen scheint. Gegenüber der kleinen Moschee, wo wir die Teestube in einem einfachen alten Gebaeude vermuten, sitzt ein alter Mann vor der Eingangstür in der Sonne. Wir steuern ihn an, genauer: ich, weil Teestuben die Domaine der Maenner sind und es ratsam ist zu fragen, ob die Frau mitkommen kann. "Hoş geldiniz!" - natürlich sind wir willkommen, auch als kleine Abwechslung im Dorfalltag. Am Holzofen in der Raummitte bekommen wir einen Platz zum Aufwaermen und natürlich sofort Çai (schwarzer Tee in kleinen Glaesern) angeboten. Um die gegenseitige Fremdheit zu lösen, habe ich mir angewöhnt, die Initiative in Sachen Kontakt zu ergreifen. Mit der kleinen Kartenskizze aus der Homepage und ein paar auswendig gelernten türkischen Wörtern erklaere ich, was wir machen: "Hadsch", eine Wallfahrt von Almanya nach Jerusalem. Ja, zu Fuss, "gezinmek" (wandern), letztes Jahr "üç aj" (drei Monate) nach Istanbul, und jetzt nach Jerusalem. Waehrend wir auf einem Zeitungspapier, das uns der alte Teestuben-Chef auf dem Tisch ausgebreitet hat, Brotzeit machen, schnappen wir Wortfetzen von den Nachbartischen auf: "...christian...". Man vermutet also zurecht, dass wir Christen sind, was uns aber keine Ressentiments beschert. Als wir aufbrechen und ich nach Kleingeld in der Hosentasche suche, winkt der Betreiber ab. Natürlich sind wir - wie immer - zum Tee eingeladen gewesen. Als Dankeschön hole ich wenigstens das Paeckchen Malboro raus, das ich mir für solche Gelegenheiten zugelegt habe und biete dem alten Mann zwei Zigaretten an. Dankbar-überrascht greift er zu. Sein strahlendes Gesicht mit dem frohen zahnlosen Laecheln begleitet uns noch lange.
Anders als auf der ersten Etappe erklaeren wir dank einiger türkischen Wort oft, was wir machen und erleben ganz viel Entgegenkommen, Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft. Und überhaupt vieles, was sich ganz ohne unser Zutun fügt. Liegt es daran, dass ich diese zweite Etappe mit einer grossen Ruhe und Gelassenheit angehen kann? Ich wundere mich selbst oft, wie wenig mir Sorgen macht oder mich aengstigt - anders als auf der ersten Etappe. Vielleicht ist das Vertrauen doch schon ein wenig gewachsen (oder das "Herz des Wandrers"). Vielleicht ist es auch die ferne Naehe des Ziels Jerusalem, das uns Tag für Tag entgegen kommt.
Veröffentlicht: 24.02.2010 Wolfgang