Nachtrag nach dem Durchqueren von Syrien
Im Mittelpunkt der dritten Woche durch Syrien stand zunaechst Damaskus. Aus dem sonnig-kuehlen, ruhigen Hochland (die Bergkloester zuvor liegen auf rund 1500 Hoehenmetern) fuehrte der Weg in die hitzegluehende Millionenstadt. Tapfer kaempften wir uns durch den tosenden Verkehr zu unserer Unterkunft am Rande der Altstadt durch, einem Gaestehaus der Franziskaner. Zwei Tage liessen wir uns Zeit, um u.a. Orte aus der Apostelgeschichte zu besuchen: Die Gedaechtniskirche der Bekehrung des Paulus, die "Gerade Strasse", wo er mit Hananias zusammentraf, die Pauluskapelle, wo sich die Flucht des Paulus mit einem Korb aus der Stadtmauer zugetragen haben soll und verschiedene christliche Kirchen in der Innenstadt. Auch nach einigen Wochen im vorderen Orient verwirrt die Vielfalt der christlichen Kirchen und Riten uns immer noch: syrisch-katholisch, armenisch, chaldaeisch, griechisch-katholisch, uniert, griechisch-orthodox, syrisch-orthodox u.v.a.m. Neben dem Basar und den Gassen der Altstadt war die Omayaden-Moschee besonders beeindruckend. Das Heiligtum mit dem Hauptes von Johannes dem Taeufer wird von Christen und Muslim gleichermassen verehrt.
Eine – Gott sei Dank kurze - Magen-Darm-Erkrankung von Markus verlaengerte unseren Aufenthalt um einen Tag. Dann brachen wir auf die letzten drei Etappen Richtung jordanischer Grenze auf. Mangels Quartier pendelten wir nach der ersten Etappe zum Uebernachten noch einmal nach Damaskus zurueck. Als Verkehrsmittel fuer solche Transfers haben uns die allgegenwaertigen "Microbusse" immer gute Dienste geleistet. Man kann die meist uralten kleinen 12-Sitzer ueberall anhalten und kommt aeusserst billig und schnell (in halsbrecherischem Fahrstil) ans Ziel.
Die zweite und dann doch schon letzte Etappe in Syrien erwies sich gestern noch einmal wie eine verdichtete Zusammenfassung von vielem, was wir auf unserem Weg durch Syrien erlebt haben. Um dem Verkehrslaerm zu entgehen, waehlten wir eine kleinere Nebenstrasse, die sich fuer den Weg zu unserem Zielort mit zwei alten Kirchen anbot. Sie fuehrte uns durch hier seltene christliche Doerfer, die an grossen Kreuzen im Mauerwerk oder auf den Daechern deutlich erkennbar sind. Die Christen demonstrieren hier ihrem Glauben aehnlich sichtbar wir die Muslime und duerfen dies hier in Syrien in der Regel auch. Wie schon oft werden wir eingeladen und koennen eine Pause bei Tee und Kaffee im Salon eines christlichen Landhauses verbringen. Ein letztes Beispiel fuer die vielen Gelegenheiten syrischer Gastfreundschaft. Als wir spaeter am Strassenrand rasten haelt ein alter Kombi. Einer der drei Maenner in Zivil stellt sich als Polizist vor und bittet um unsere Paesse. Wir koennen ihm nicht nur diese zeigen, sondern sogar gleich Kopien derselben in die Hand druecken, die wir seit einigen Tagen bei uns fuehren. Das bringt und ein ehrliches "Thank you. Excellent." ein. Von nun an werden wir meist in einigem Abstand von der Streife eskortiert und wissen bald, warum. Ohne dass wir es voraussehen konnten, fuehrt die Landstrasse durch militaerisch genutztes Gebiet. So sind wir fuer das Geleit eher dankbar, zumal wir durch die Gassen unseres Zielorts zu beiden Kirchen gelotst werden. Die Kirchen aus der Zeit um 500 n.Chr. sind fuer uns noch ein letzter religioeser Hoehepunkt in Syrien, auch weil es einen Pfarrer gibt, der uns eine engagierte Fuehrung in der Kirche St. Ilyas gibt. Wir haben inzwischen entschieden, nicht nach einer privaten Uebernachtung zu suchen und antworten der weiterhin anwesenden Streife, dass wir in Deraa in ein Hotel wollen. Daraufhin werden wir in dem geraeumigen Wagen in den naechsten Ort gefahren und dort in einen Microbus nach Deraa verfrachtet. Damit ist klar: Es geht nach Deraa, wo wir unsere letzte Nacht in Syrien verbringen.
Fuer den Grenzuebertritt zogen wir es vor, ein Taxi zu nehmen, was sich als sehr hilfreich heraus stellt. Der Taxifahrer kennt sich aus und lotst uns sicher und ohne irgendwelche Probleme durch die Grenzabfertigung. Nach 15 km zu Fuss haben wir dann heute Irbid in Jordanien erreicht, froh nun in diesem neuen Land zu sein, wo manches einfacher ist in puncto Kommunikation. Drei Wochen das Internet nicht nutzten zu koennen war fuer uns doch eine Durststrecke. Aber schon jetzt ist fuer mich spuerbar, dass gerade diese schwierige Strecke ein wichtiger Teil des inneren Pilgerwegs war und ist mit all den Verunsicherungen und Unwaegbarkeiten, die wir erlebt haben.
Mit Jordanien ist auch unser Ziel ploetzlich in greifbare Naehe gerueckt. Nach zweieinhalb Monaten und den vergangenen nicht immer einfachen Etappen fiebern Brigitte und ich nun dem Ende entgegen. So Gott will, koennten wir in gut einer Woche Jerusalem erreichen. Wir koennen es noch kaum glauben. Doch erst mal geht es ueber Jerash (Gerasa) nach Amman. Von dort werden wir uns wieder melden.
Manche Mail, die wir auch heute erst lesen konnten, muss noch ein wenig auf Antwort warten. Ich denke, ihr habt dafuer Verstaendnis. Allen, die uns in den vergangenen drei Wochen im Gebet und in Gedanken begleitet haben, moechten wir noch mal danken. Es hat uns gestaerkt, darum zu wissen.
P.S.: Danke Herrn Walter Sauter von der Internetredaktion des Bistums Wuerzburg, der unsere telefonischen Gruesse hier in den Blog gesetzt hat!
Veröffentlicht: 01.05.2010 Wolfgang Zecher