Syrien

Nachtrag nach dem Durchqueren von Syrien

Wurzeln und Begeisterung

Die zweite Woche des Wegs durch Syrien

Nun hatten wir uns schon eine Woche lang entlang der Autobahn durch Syrien geschlagen und waren in Homs von den Jesuiten mit grosser Herzlichkeit aufgenommen worden. Die Mitbrueder taten ihr Bestes, um uns noch mehr mit Syrien und der Kirche in Syrien vetraut zu machen.

P. Michael lud uns zur Sonntagsabendmesse zur Gemeinde der griechisch-unierten  Gemeinde ein und zelebrierte den Gottesdienst nach orthodoxem Ritus in arabischer Sprache. Auch wenn wir kein Wort verstanden – die freie Rede des 80jaehrigen, der feierliche Ritus und der Ernst mit dem im Gottesdienst einige Jugendliche ins Katechumenat aufgenommen wurden, bewegte uns. Nach dem Gottesdienst bemerkte Brigitte: Der Kirchhof ist wie ein Jugendtreffen. Dazu erklaerte uns der Kirchenvorstand, der uns die Gemeinderaeume zeigte, wie seit einigen Jahren die Gemeindekatechese erstarkt ist.

P. Louis entfuehrte uns in ein Gebiet westlich von Homs, wo Nomaden in grosser Einfachheit leben. P. Franz van der Locht hat dort zusammen mit engagierten Christen das Projekt Al Ard (Die Erde) ins Leben gerufen. Es umfasst 5 Bereiche: Arbeit und Leben mit behinderten Kindern und Jugendlichen aus der Umgebung, Frauenbildung, eine Keramik-Werkstatt fuer Frauen, ein Zentrum fuer Spiritualitaet und einen sehr professionell betriebenen Ackerbau und Weinbau. An all diesen Aktivitaeten sind Muslime und Christen aktiv beteiligt.  Es geht uns beim Dialog der Religionen weniger um Theologie sondern viel mehr um einen "Dialog des Lebens", erklaert P. Louis.

P. Franz, der ganz Syrien schon zu Fuss durchwandert hat, gab uns schliesslich auch noch einige Tipps zum Umgang mit der staatlichen Kontrolle auf den Weg und machte uns Vorschlaege, welche Orte wir weiterhin besuchen sollten. Die kommende Woche sollte eine Tour zu den alten syrischen Kloestern werden.

Kloster Mar Jakob 

Um dieses Kloster zu erreichen, liessen wir uns einige Kilometer mit dem Mikrobus nach Sueden bringen und schon beim Aussteigen sahen wir:  Soweit as Auge reicht durchzogen wellenartig braune Bergruecken das Land. Wir waren am Rande der Wueste angekommen. Einzelne Baeume oder Straeucher deuteten auf Haeuser und Siedlungen hin. In den Niederungen der braunen Erde konnten wir auch Gruen entdfecken: es hatte in der letzten Zeit geregnet und die Wueste schimmerte dort in allen Farben.  Wir waren froh schon vor der Morgendaemmerung aufgestanden zu sein und so begleitete uns die Kuehle der Morgenstunden beim Marschieren.

So erreichten wir  am Rande einer kleinen Stadt das Kloster Mar Jakoub (Heiliger Jakob) in der heissesten Mittagszeit.  Wir mussten erst das Mittagsgebet der Schwestern abwarten, doch dann begruesste uns Sr. Claire aeusserst herzlich und hiess uns im kuehlen Innenhof willkommen: "Dieses Kloster ist noch jung und wurde vor ca 10 Jahren gegruendet. Dabei trafen sich unsere eigene Sehnsucht nach einem kontemplativen Leben und der Wunsch des Bischofs von Homs nach einem Kloster an diesem Ort, wo schon vor langer Zeit ein Kloster stand. Wir wollen ein Zentrum fuer Kontemplation und kulturelle Begegnung sein.  Bei uns koennen Maenner und Frauen eine Zeit im Kloster verbringen und wir organisieren Konzerte und Ausstellungen fuer junge Menschen. "

Mar Musa (Heiliger Moses) – das Taize des Ostens.

P. Paulo hat hier vor etwa dreissig Jahren begonnen, eine alte Kirche und die dazugehoerigen Mauern aus dem 6 Jahrhundert wieder zu bewohnen und mit Jugendlichen zu beleben. Das Kloster ist schwer zu erreichen. Es liegt mitten in der Wueste in einem Seitental in  ueber 1500 m Hoehe und man muss eine Treppe von weit ueber hundert Stufen hinaufklettern, um dann durch einen ganz niederen Mauerdurchbruch hinter dem Turm eintreten zu koennen.

Mit schwarzer Kutte, schwarzem Kopftuch und breitem Lederguertel praesentiert sich P. Paolo als der Vater dieser Kirche fuer alle die kommen. Er ist Inspirator und Mystagoge, Lebensberater und Organisator. So entstand ein Ort, an dem sich Junge und Alte, Christen und Muslime, Europaeer und Araber  zum geistlichen Austausch und zur Litugie treffen. Das  Leben dort ist bewusst sehr einfach – auch die Hygiene der Kueche, so dass sich Brigitte leider eine ernsthafte Magenverstimmung holte.

Malula – Kloster Mar Sarkis und Mar Thekla

Immer hoeher hinauf am Rande der Wueste erreichen wir schliesslich den hoechsten Ort unserer bisherigen Pilgerreise: Malula. Die wie riesige Daecher aufgeschichteten Kalksteinfelsen haben dort viele Hoehlen gebildet, die schon im Altertum den Moenchen als Berhausung dienten. Nicht recht wissend, wohin wir uns wenden sollten, fragten wir nach einem Hotel. Ein Araber brachte uns vor ein altes Kloster mit der Bemerkung: hier ist ihr Hotel – und fort war er. Und es war viel mehr: Das Kloster Mar Sarkis (St. Georg) das um eine Kirche errichtet ist, die in vorschristlicher Zeit als Apollo-Tempel diente. Fuer mich war es eine besondere Freude in dieser Kirche an einem Altar zu zelebrieren, der noch vor dem Konzil von Nicaea (325 n. Chr.) in Marmor gehauen und geweiht worden war.

Sednaya

Den Abschluss der  Kloester bildete Sednaya – ein grosser Wallfahrtsort der syrisch-orthodoxen Kirche. Dort wird eines der Marienbilder gezeigt, die dem Heiligen Lukas zugeschrieben werden. Die Unterkunft bei den sehr ruehrigen und auch gastfreundlichen orthodoxen Schwestern war sehr einfach - doch liebevoll: die Aebtissin liess uns Pilgern Brot und Kaese aus der Kueche fuers Fruestueck bringen, da wir wegen der Hitze lange vor den dort ueblichen Zeiten aufstanden.

 

Veröffentlicht: 01.05.2010          Markus Franz

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