Rumaenien - ein Land voller Gegensaetze und fuer uns bisher die groesste Herausforderung.
Die Eindruecke hier sind so vielfaeltig und oft bewegend, dass wir nur ein paar Streiflichter von unserem Weg beschreiben wollen:
- Die schicke Pension "Schwabenhaus" in einem kleinen Dorf, preislich nur fuer West-Touris erschwinglich. Wir haben keine Alternative an diesem Abend und sind fast die einzigen Gaeste und fuehlen uns unwohl. Aussen herum eine geteerte Hauptstrasse, sonst nur ungeteerte Wege und ziemlich baufaellige und reparaturbeduerftige kleine Haeuser. Ueberaschend und unerwartet fuer uns: In einem Haus gegenueber der Pension kommen ein Dutzend Leute zusammen, die zu einer Pfingstgemeinde gehoeren.
- Als wir mitten auf dem Land eines Abends kein Quartier finden, werden wir von einem Ehepaar eingeladen, das uns die letzten Kilometer bis zum 300Einwohner-Ort im Auto mitgenommen hat. Das Haus ist sicher einmal ein Kuhstall gewesen, aber der Mann ist seit 20 Jahren arbeitslos und seine Frau arbeitet in der naechsten groesseren Stadt bei Mc Donalds. trotzdem will er kein Geld annehmen, das wir ihm fuer die Uebernachtung geben wollen.
- Entlang der E 70 (der groessten Fernverkehrsstrasse Rumaeniens) bei unserem Weg ueber die Porta orientalis sind ueberall Frauen, die Staende mit Obst und Schnaps (in grossen 2-Liter-Plastikflaschen) anbieten. An diesem Tag leben wir in Ueberfuelle, was Obst betrifft, denn fast alle wollen uns Obst schenken und wollen gar nicht verstehen, dass unsere Rucksaecke zu schwer werden, wenn wir alles Obst mitnehmen.
- Der Weg durch die Banater Berge oestlich von Resita fuehrt uns zwei Tage durch eine herrliche Natur bis in 1000m Hoehe. Wir geniessen die Luft, die Sonne, die Aussicht. Eine kleine Begegnung am Rand: Eine junge Hirtin, die schon im Kaiserstuhl als Erntehelferin gearbeitet hat und hier den ganzen Tag auf knapp 10 Kuehe aufpasst. Ist das Armut? Oder Reichtum? Unser Verstaendnis von Arbeit, Zeit, Leistung passt da sicher nicht.
- Die Deutschen im Banat: in Brebu Nou (auf dt. Weidenthal) treffen wir auf eine Frau, die einen winzigen Lebensmittelladen betreibt. Unser Proviant ist voellig am Ende und der Laden ist wie ein Geschenk, auch im woertlichen Sinn: Fuer die wenigen Sachen, die wir brauchen, verrechnet uns die Frau nichts - einschliesslich frischem Obst, Brunnenwasser und herrlichem Kaffee. Sie kommt jedes Jahr im Sommer nach Rumaenien zurueck, lebt aber seit den 90er Jahren in Deutschland.
- Vor Orsova: Die E 70 fuehrt uns durch Barza (Toplet) mit einer stillgelegten Metallfabrik, einen Ort mit Plattenbauten, an denen 3-5m entfernt die Schwerlaster Tag und Nacht vorbeidonnern. Wohnblocks in diesem Zustand habe ich vorher noch nicht gesehen. Und in den Augen der Menschen, denen wir begegnet sind, war soviel Resignation.
Seit wir hier in Rumaenien sind, sind wir zu Pilgern der Landstrasse geworden. Das Kartenmaterial und die Unsicherheit erlauben uns nicht, auf kleine und oft einsame Nebenstrecken ausweichen. Auch wenn wir sprachlich besser als in Ungarn zurecht kommen, fuehlen wir uns hier mehr in der Fremde. Ausser in Timisoara haben wir keine Adressen auf dem Weg und sind oft in der Spannung, wie und wo wir Quartier finden, wenn es Spaetnachmittag wird. Gott sei Dank hat sich bisher immer etwas gefunden und gefuegt: Von Leuten Privat bis tuerkischem Motel an der Fernstrasse. Wir merken, dass es fuer uns wichtig ist, eine innere Heimat zu spueren. Die innere Heimat, die uns die Verbindung zu Freunden, Nachbarn und unseren Familien gibt (danke allen, die per Mail und Gaestebuch die Verbindung halten). Manchmal eine kleine Heimaterfahrung auch mit Leuten hier, wenn uns jemand einlaedt und wir uns bei jemandem aufgehoben fuehlen. Die innere Heimat, welche wir in der Kirche erleben - etwa heute vormittag beim Sonntagsgottesdienst in der katholischen Gemeinde hier in Turnu-Severin. Und letztlich und wohl am wichtigsten die innere Heimat, die uns der Glaube an Gott schenkt, von dem wir uns begleitet wissen.
Veröffentlicht: 11.10.2009 Brigitte und Wolfgang Zecher